Wir sind auf Übung, irgendwo auf einem Truppenübungsplatz in der Nähe von Berlin. Es ist Mitte April, die Tage sind heiß, in den Nächten kriecht der Frost über den sandigen Boden. Obwohl ich bereis mehr als achtundvierzig Stunden wach bin und in vierundzwanzig Stunden wieder den Funkbomber fahren muss, schiebe ich draußen Wache. Zusammen mit dem Gefreiten E. stehe ich im Nichts und beschütze einen Schlagbaum. Die Kälte zieht langsam vom Boden in die Stiefel und klettert durch Hose hoch bis unter den Kälteschutz. Es ist so kalt, dass es weh tut sich zu bewegen und so vermeiden der Gefreite E. und ich Bewegungen weitestmöglich. Ein Feldhase bahnt sich seinen Weg durch das flache Gras am Wegesrand, etwa zwanzig Meter vor uns. Leise erzählen der Gefreite E. und ich uns, was wir vor der Bundeswehrzeit gemacht haben und was wir nach der Zeit zu tun planen. Wir blicken auf und entdecken einen Rehbock, wie er ungeniert gute zehn Meter vor uns den Boden nach genießbarem absucht. Fast zehn Minuten harren wir ohne Bewegung und Worte aus, beobachten gebannt den Bock. Dann zieht er letztlich doch weiter, wohl weil eine leichte Brise uns verraten hat. Der Gefreite E. und ich sehen uns an und wir erkennen wohl beide in unseren Blicken dies war wohl der Höhepunkt des heutigen Abends ohne dass ein Wort gesagt werden muss. Noch gute dreißig Minuten, dann ist Wachablösung. Endlich in den Schlafsack in der Fahrerkabine kriechen, etwas aufwärmen, vielleicht sogar ein paar Minuten vergessen, dass der Schaltknüppel in die Hüfte drückt und dösen. Der Blick wandert wieder umher, streift zurück und realisiert, dass dies keine Täuschung ist. Ein Fuchs kommt auf uns zu, scheint uns entweder nicht zu bemerken oder zu ignorieren und macht alle Anstalten, genau zwischen uns hindurch zu wandern. Da ein Fuchs einem ausgewachsenen Schlagbaum in freier Natur nur selten gefährlich werden kann, lassen wir ihn passieren.
Geschlafen habe ich in der Nacht zwar nicht mehr, erholsam war sie aber dennoch.
Geschlafen habe ich in der Nacht zwar nicht mehr, erholsam war sie aber dennoch.
iatbe - am Montag, 23. August 2004, 20:44 - Rubrik: Fragmenter av en Fortid