Heute morgen (so gegen zwanzig nach zwölf) klingelte mein Mobiltelefon und die Arbeit hatte mich für kurze Zeit wieder. T. fragte, ob ich die Rechnung für das letzte Woche gelieferte externe RAID-System noch irgendwo hätte. Heute ist nämlich unser Abteilungsleiter extra aus seinem Urlaub gekommen, um noch offene Rechnungen, die einen Betrag X übersteigen und von ihm abgesegnet werden müssen, "freizugeben" – so wie jedes Jahr. Das System ist letzte Woche Donnerstag geliefert worden, ohne Rechnung. Da ich natürlich schon wusste, dass ich diese Woche Urlaub haben werde, habe ich beim Lieferanten nachgefragt, wie das denn mit der Rechnung aussieht. Ich versuchte also Frau H. (meine Ansprechpartnerin für diesen "Deal") zu erreichen, erwischte stattdessen aber jemand anderes (männlich). "Nein, Frau H. hat heute schon Feierabend gemacht. Die kommt auch erst nächstes Jahr wieder", kam mir aus seinem Mund in leicht vorwurfsvollem Ton entgegen. 'tschuldigung, wusste ich ja nicht. Hätte ja sein können, dass sie – wie viele andere Menschen auch – noch vor Jahresfrist versucht ihre "Geschäfte zu ordnen", wie man so schön sagt. "Ich habe da eigentlich nur eine Frage zur Rechnung einer Lieferung, vielleicht können Sie mir da ja auch weiterhelfen", gab ich von mir. Schweigen. "Ich gebe Ihnen mal die Auftragsnummer." Das tat ich, mein Gesprächspartner sagte, er schaue mal eben im System nach, dauert eine Sekunde, na eher zwei oder drei ha-ha-ha, da isser ja. "Die Sachen sind schon bei Ihnen angekommen?" Na sicher, sonst hätte ich wohl kaum nach der Rechnung gefragt, oder? denke ich und sage: "Ja, heute ist der Rest angekommen, alles komplett." "Der Controller, die Festplatten, das Kabel und das System?" Hätte ich sonst "komplett" gesagt? - "Ja, alles da. Ich wollte eigentlich nur wissen, ob die Rechnung dieses Jahr noch reinkommt. Da ich selber nächste Woche Urlaub habe, würde ich einem Kollegen Bescheid sagen, damit die Rechnung noch dieses Jahr gebucht wird. Außerdem wäre es ganz schön wenn sie noch in diesem Jahr ankommt, dann muss sie nicht in die Nachbuchung." Ein bisschen Kaufmannspalaver, dass das doch jedes Jahr das gleiche ist, ja bei uns auch, blablabla. Belehrender Ton meines Gesprächspartners: "Die Ware ist heute rausgegangen, dann wird morgen die Rechnung gedruckt. Also hier arbeitet morgen keiner, aber das geht dann alles voll automatisch vom System. Das läuft hier alles automatisiert." (es war der 23. Dezember und das "System" heißt SAP). "Dann müsste die ja nächste Woche eintreffen." "Ja, über die Feiertage geht die dann nicht raus", (ach, erzähl mal) "Dienstag, spätestens Mittwoch sollte die dann aber da sein." So, jetzt schäme ich mich etwas dafür, überhaupt bei Eure Hoheit die Frivolität besessen zu haben, nachzufragen, ob die Rechnung denn noch ankommt. Wenn doch alles automatisiert läuft. Wie naiv von mir. "Alles klar, danke. Dann gleich einen schönen Feierabend, tschüss." "Tschüss!" Boah, der hat mir nicht "Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch" gewünscht. Da rufe ich nächstes Jahr seinen Chef, den Herrn P. an, dass er dem mal Dampf macht denke ich leicht zynisch, kläre meinen Kollegen (T.) über die ganze Sache auf (nur über das wesentliche; die Rechnung und deren voraussichtliche Ankunft) und gehe etwas später beruhigt in den wohlverdienten Urlaub. Bis heute morgen. Die Rechnung ist natürlich noch nicht da. Da hat die Scheißautomatik wohl vergessen zu laufen, was? Oder keine Briefmarke draufgepappt. Oder die Adresse verkehrt geschrieben. Oder zu unleserlich gedruckt und der zuständige Postmitarbeiter fühlte sich dadurch gekränkt. Wenn ich den kleinen Pisser (Eure Hoheit) erwische, dem trete ich von vorne in den Arsch. Das geht dann ganz automatisch.