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Das non der Franzosen zur EU-Verfassung hat mir zweierlei gezeigt.

Erstens einmal kann unsere Regierung von den Franzosen dahingehend lernen, dass man gefälligst das Volk abstimmen lässt, wenn es darum geht über so etwas wie eine Verfassung abzustimmen. Das ist mitnichten trivial und sollte nicht so entschieden werden, wie es hier in Deutschland passiert ist. Wie sollen die Bürger jemals im Herzen Europäer werden, wenn sie dazu genötigt werden. Das ist kein demokratischer Prozess, auch wenn hierüber Gremien entschieden haben, die durch demokratische Wahlen ins Leben gerufen wurden. Hier geht es aber nicht um irgendein Gesetz oder eine Verordnung, sondern um eine ganze Verfassung, die doch letztlich zum Ziel haben muss, die bisher souveränen nationalen Verfassungen abzulösen. Ich denke da jedoch in einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten. Ich bin gerne Deutscher und ich bin auch gerne Europäer. Aber ich will auch nicht, dass man mir eine Verfassung überstülpt, die ich nicht wirklich kenne und von deren Inhalten ich allein deshalb nicht überzeugt bin. Gerade deshalb sollte eine solche Entscheidung nicht dem Staat sondern den Bürgern der Staaten überlassen werden.
Hiermit bin ich beim zweiten Punkt. Wenn die Regierungen doch so sehr überzeugt von dem Produkt EU-Verfassung sind, warum sind sie nicht in der Lage es angemessen zu vermarkten. Sonst können sie doch so viel Wirbel um weit uninteressantere Dinge machen. Jetzt können sie nur große Töne spucken, wie schlimm-schlimm dieses Nein doch sei. Schwachköpfe! Abstimmungen mit einem "Nein" wie in Frankreich sollten doch deutlich machen, dass bezüglich des Inhalts der Verfassung ein riesiges Informationsdefizit in der Bevölkerung vorherrscht. Durch alle Schichten, wie ich behaupten möchte. Ich habe noch kein Gespräch belauschen können, in dem die Inhalte dieser Verfassung kontrovers diskutiert wurden. Die nationalen Regierungen sind doch eigentlich gezwungen hier gegenzusteuern. Allein, wer will sie zwingen? Die Franzosen zum Beispiel - vielleicht mit der Hilfe der Niederländer. Ich glaube nicht, dass die Franzosen weniger europäisch denken als der Rest Europas. Sie hatten lediglich die unglaublich kostbare Gelegenheit mitzuteilen, dass Aufklärungsbedarf besteht. Ich persönlich fürchte mich ein wenig vor einer übergestülpten europäischen Verfassung zu diesem Zeitpunkt, denn noch ist mir alles das aus Brüssel kommt zu sehr bürokratisch. Insofern begrüße ich das Abstimmungsergebnis, so sehr ich auch davon überzeugt bin, einmal in einem geeinten Europa leben zu wollen - Ich wünsche mir wirklich, dies noch erleben zu können. Ich bin aber ebenfalls sehr stark der Meinung, dass es noch viel zu früh ist. Und nur weil die nationalen Politiker, in die ich ohnehin kein Vertrauen habe, mir einreden wollen, diese Verfassung sei gut, glaube ich das noch lange nicht. Sie hatten gehofft es würde einfach alles gut gehe, ohne dass sie etwas für Geld tun müssten. Das hat doch sonst auch immer geklappt ("Unsere Politik ist so sehr durch die Fehlpolitik der Vorgängerregierung belastet, dass wir gar nicht wissen, wo wir mit regieren anfangen sollen. Tut uns wirklich-wirklich leid aber da kann man nichts machen"). Wir müssen jetzt erst einmal eine Integration der neu hinzugekommenen Staaten schaffen. Davon sind wir noch Jahre entfernt, wie sollte uns eine gemeinsame Verfassung hier weiterbringen.

Die Aufnahme dieser neuen Staaten halte ich ebenfalls für viel zu früh erfolgt. Falsch ist die Entscheidung nicht, vielmehr logisch und konsequent; Europa endet nicht an Deutschlands Ostgrenze. Der Zeitpunkt war aber eindeutig zu früh, die entscheidenden politischen Einflussnehmer haben viel zu sehr darauf gedrängt, selber Geschichte zu schreiben, statt sich in Geduld zu üben und die fraglichen Staaten wachsen zu lassen. Hier liegt für mich eines der größten Risiken für das Europa, welches ich einmal erleben möchte: der Prozess des Zusammenwachsens ist ins stocken geraten - nicht nur die Volksabstimmung in Frankreich belegt dies.
 

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